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Shopping mit Hindernissen

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Ja, es ist ein alter Hut, sich über arrogante Verkäuferinnen in Luxusboutiquen aufzuregen. Trotzdem bin ich immer wieder erstaunt und auch ernsthaft sauer, wie unfreundlich man immer wieder als potenzieller Kunde behandelt wird.

Das Schuhgeschäft Vanilla in Frankfurt am Main, nahe der Luxusmeile Goethestraße, gehört zu den Shopping-Institutionen der Stadt. Vanilla und edle Schuhe, das passt zusammen wie ein Frühstücksei und Salz. Schon als Kind habe ich mir die Nase am Schaufenster platt gedrückt, ohne überhaupt zu verstehen, was es mit Gucci, Prada & Co auf sich hat. Als Teenager habe ich, ausgestattet mit wenig Budget aber viel Begeisterung für Mode, wenige Male einen Versuch gestartet, mich dort in einen Schuh zu verlieben – und wurde so dreist ignoriert, dass ich mich ebenso unwohl fühlte, wie wenn man an den ersten Sonnentagen einen Rock trägt und erst vor der Haustüre bemerkt, dass man in der Dusche beim Rasieren wohl doch nicht so gründlich war.

Ich hätte daraus lernen können, aber man ist ja geübt im Verdrängen von negativen Erlebnissen. Außerdem gehe ich generell, auch ohne Kaufabsicht, gerne in Luxusboutiquen. Unter Mode-Kollegen sagt man auch: „Auf Info gehen“. Was wird geordert, welche Ware läuft gut, was interessiert die Kunden?

Wenn mich Verkäufer vor 10 Jahren ignoriert haben, weil ich nicht gerade kaufkräftig aussah: geschenkt, so läuft es eben. Rund 10 Jahre später starte ich einen neuen Versuch. Diesmal kann es zumindest daran nicht gelegen haben. Ich trug keine abgelatschten Zara-Stiefel mehr, sondern Designer-Schuhe die man auch bei Vanilla zum Sortiment zählt und am Arm baumelt eine große Tüte der Luxusboutique Möller & Schaar (Santa was good!).

Wieder wurde ich ignoriert, mein deutliches und freundliches Hallo nicht erwidert. Macht nichts, ich finde mich auch alleine zurecht. Beim Anprobieren fragte ich nach dem zweiten Schuh. Widerwillig und missmutig stapft eine Dame in den Keller, stellt mir wortlos die Schachtel hin. Keine Rückfrage, ob der Schuh passt, ob man eine andere Größe besorgen kann. „Ich müsste sie noch einmal bitten, den Schuh eine Nummer kleiner zu holen“. Sie starrt, sagt nichts. Ich zeige auf die Sohle: „Den Schuh gibt es auch eine Nummer kleiner, den würde ich gerne probieren“. Wieder, wortloses Weggestapfe. „Dürfte ich ein Probier-Söckchen haben?“. Sie pfeffert mir die Socken entgegen, einer fällt runter“. Endlich, sie spricht: „Macht nichts“. Oh Gott sei Dank. Ich muss mich nicht dafür entschuldigen, dass Sie mir den Socken hinschmeißen und ich das Tor nicht halte. Es ging noch eine Weile so weiter, ich habe den Schuh trotzdem gekauft.

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Ich muss zugeben: Vielleicht sogar genau deswegen? So nach dem Motto: Dir zeige ich es. Wenn demnächst wieder jemand "Service" als Vorzug des stationären Einzelhandels gegenüber Online-Shops hervorhebt, bleibt mir nur zu sagen: Totaler Mist.

Arroganz ist bei einer Boutique, die Schuhe aus der Kollektion von Star-Bloggerin Chiara Ferragni führt, sowieso fehlt am Platz. Ob man funkelnde Ballerinas mit Comic-Augen und applizierten Wimpern nun als geschmackvoll bezeichnen möchte, sei jedem selbst überlassen. Dass sie, im Vergleich mit Tod’s und Unützer, wie wertloser Ramsch aussehen, lässt sich nicht bestreiten. Mit einem Blick auf die unsauberen und sichtbaren Klebestellen fragte ich verwundert nach, wie diese Schuhe denn in das sonst so elegante Sortiment passen: „Das ist eben was anderes, das ist ein Spaß-Schuh“, antwortete man mir. Anders gesagt: Totaler Mist.

Der Beitrag Shopping mit Hindernissen erschien zuerst auf Modepilot.


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