Dritter und vorletzter Teil unserer Allude-Reportage. Im Fashionweek-Loft im 11. Arrondissement fand heute das Fitting statt. Alle halbe Stunde kam ein Model vorbei und probierte das Outfit an, dass es auch auf dem Laufsteg tragen wird. Die Aufgabe dieser Anprobe ist, das Kleid auf den Model-Körper perfekt anzuspassen und letzte Styling-Ideen umzusetzen. Manchmal wird erst beim Fitting klar, dass Mannequin und Kleid nicht zusammenpassen. Dann wird umdisponiert und es müssen vielleicht noch ganz neue Outfit-Ideen genäht oder – im Fall Allude – gestrickt werden.
Die geschickten Hände
Zwei Näherinnen, mit denen Andrea Karg seit langer Zeit zusammenarbeitet, sind am Montag zum Team gestossen. Laetitia Raiteux und Marion Kabillard sind freischaffende Couturieres, die viel bei Modeschauen unterwegs sind. "Zwischen den Saisons arbeiten wir an Lookbooks, für Werbeaufnahmen und manchmal auch in den Ateliers."
Am Montag haben sie bis Mitternacht an den Nähmaschinen gesessen. "Das ist normal." Auch heute kann es wieder spät werden. Die Arbeit bei Allude macht ihnen großen Spaß: "Wir sind Experten im Nähen, nicht im Strick. Die Leute von Allude haben echte Ahnung von der Strickmaterie und wir haben von ihnen schon viel gelernt. Andererseits können wir ihnen oft bei Problemen helfen, die man mit einer Naht aus der Welt schaffen kann. Wir bereichern uns beide gegenseitig."
Strick passt sich dem Körper an, ein Webstoff nicht. Daher sind die Änderungen ganz anderer Art als bei einem Fitting mit Webware. "In dieser Saison gab es sehr wenige Umarbeitungen, sondern eher das Erweitern der Modelle durch Zierde. Da mal ein Kragen mehr, dort ein Knopf mehr."
Ist Kaschmir-Strick schwer zu nähen? Laetitia und Marion sehen sich an und lachen: "Allude hat sehr gute Nähmaschinen. Damit ist es leicht!"
Bei sehr vielen Modellen ist jedoch die Nähmaschine nicht zu gebrauchen, dann muss es per Hand genäht werden.
Oder sogar angestrickt werden. In diesem Fall kommt Florian Rogoss zum Einsatz. Der gelernte Strickdesigner ist seit acht Monaten bei Allude unter Vertrag und hat aus München zwei große Strickmaschinen mit nach Paris gebracht.
In dem kleinen Zwischenraum im ersten Stock, wo die Maschinen aufgebaut sind, liegen Flocken von Kaschmir auf dem Boden, dazwischen stapeln sich Rollen mit dicken, flauschigen Kaschmirgarn.
Florian kauert gebückt auf einem kleinen Schemel, auf seinem Schoß liegt eine dicke naturfarbene Kaschmirrobe, die bis um 16 Uhr fertig werden muss. Immer wieder führt Florian in vollster Konzentration eine Nadel per Hand in das weiche Material, wendet, dreht das Modell und sticht dann wieder zu.
Das Fitting
Unten, im Erdgeschoß, ist das nächste Model eingetroffen. Sie zieht sich an, dann begutachten der Stylist Samuel Drira und Designerin Andrea Karg den Gesamteindruck.
Das Mädchen steht in der Mitte, um sie herum rücken Hände das Outfit zurecht. Ein Gürtel? Ja, aber bitte fest ziehen.
Sind alle zufrieden, darf das Mannequin einen Problelauf machen. Hier zeigt sich, wie sich das Kleid in der Bewegung verhält. "Wir hatten mal einen Fall, das sich der Naturkaschmir elektrisch aufgeladen hat. Es ist immer gut, alles zu prüfen."
Andrea Karg ist mit dem Fortschritt der Vorbereitungen zufrieden. "Ich versuche Abstand zu halten und der ruhende Pol zu sein. Es reicht, wenn die anderen aufgeregt sind. Das Styling steht, nun geht es um das Feintuning. Wir sind so weit, wir hätten auch schon heute zeigen können. Manchmal ist es gar nicht so gut, wenn noch zu viel Zeit bleibt."
Die Designerin nimmt versonnen eine der Strick-Clutchs vom Haufen mit den Kaschmir-Resten und dreht sie in den Händen. "Ich weiß nicht, ob wir die noch über den Laufsteg schicken sollten?"
Auch Samuel Drira, der Stylist, wirkt wesentlich entspannter als in den letzten Tagen zuvor: "Ich arbeite seit September zusammen mit Andrea an der Kollektion. Strick ist ein ganz anderes Material und es dauert sehr lange, bis alles entwickelt und fertig ist. Bei Stoff geht alles viel schneller." Die Phase jetzt nennt Samuel das "Editieren". "Hier zeigt sich, ob die Ideen funktionieren. Manches geht, manches nicht." Zufrieden sei er aber erst, wenn alles auf dem Laufsteg ist.
Morgen um 8 Uhr ist es so weit. Das Team zieht um in den Backstagebereich. Auch Laetitia und Marion sind dabei. Mit ihrer Nähmaschine. Und Florian mit seinen Nadeln und den begabten Händen.
Fotos: Barbara Markert für Modepilot
Der Beitrag Allude Show-Countdown: Fitting erschien zuerst auf Modepilot.